§ 7 DerivateV
§ 7 Risikobegrenzung
(1) Der einem Investmentvermögen zuzuordnende potenzielle Risikobetrag für das Marktrisiko darf zu keinem Zeitpunkt das Zweifache des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko des zugehörigen Vergleichsvermögens übersteigen.
(2) Alternativ darf der einem Investmentvermögen zuzuordnende potenzielle Risikobetrag für das Marktrisiko zu keinem Zeitpunkt 20 Prozent des Wertes des Investmentvermögens übersteigen.
§ 8 DerivateV
§ 8 Abgrenzung
1Im Rahmen des qualifizierten Ansatzes kann die Kapitalverwaltungsgesellschaft den potenziellen Risikobetrag entweder relativ im Verhältnis zu dem zugehörigen Vergleichsvermögen nach § 7 Absatz 1 oder absolut nach § 7 Absatz 2 begrenzen. 2Dabei wählt sie die Methode entsprechend § 5 Absatz 2 in eigener Verantwortung. 3Die Methode muss bezüglich des Risikoprofils und der Anlagestrategie des Investmentvermögens angemessen sein. 4Die Methode ist in der Regel kontinuierlich zu verwenden.
§ 9 DerivateV
§ 9 Zugehöriges Vergleichsvermögen
(1) Das zugehörige Vergleichsvermögen ist regelmäßig ein derivatefreies Vermögen, das keinen Leverage aufweist und dessen Marktwert dem aktuellen Marktwert des Investmentvermögens entspricht.
(2) Die Zusammensetzung des Vergleichsvermögens muss
1.
den Anlagebedingungen des Investmentvermögens und den Angaben des Verkaufsprospektes und den wesentlichen Anlegerinformationen zu den Anlagezielen und der Anlagepolitik des Investmentvermögens entsprechen sowie
2.
die Anlagegrenzen des Kapitalanlagegesetzbuches einhalten; hiervon ausgenommen sind die Ausstellergrenzen nach den §§ 206 und 207 des Kapitalanlagegesetzbuches.
(3) 1Wenn für das Investmentvermögen ein derivatefreier Vergleichsmaßstab definiert ist, so muss das zugehörige Vergleichsvermögen diesen Vergleichsmaßstab möglichst genau nachbilden. 2In begründeten Einzelfällen darf von Absatz 2 abgewichen werden.
(4) Im Zweifelsfall sind für das Vergleichsvermögen diejenigen Vermögensgegenstände zu wählen, die den geringeren potenziellen Risikobetrag für das Marktrisiko ergeben.
(5) 1Die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss Richtlinien für die Zusammensetzung des Vergleichsvermögens und für die Änderungen dieser Zusammensetzung erstellen. 2Die Festlegung der Zusammensetzung des Vergleichsvermögens ist innerhalb des Risikomanagementprozesses zu berücksichtigen. 3Die Zusammensetzung und jede Änderung der Zusammensetzung des Vergleichsvermögens sind nachvollziehbar zu dokumentieren. 4Sofern für das Vergleichsvermögen ein Index verwendet wird, müssen dessen Zusammensetzung und Entwicklung transparent sein. 5Der Prüfungsbericht gemäß den §§ 102, 121 Absatz 3 und § 136 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuches hat Angaben darüber zu enthalten, ob das Vergleichsvermögen gemäß den Absätzen 1 bis 4 ordnungsgemäß ist.
(6) Nimmt die Kapitalverwaltungsgesellschaft eine wesentliche Änderung des Vergleichsmaßstabs im Sinne des Absatzes 3 vor, ist dies der Bundesanstalt unverzüglich und nachvollziehbar anzuzeigen; von der Anzeigepflicht ausgenommen sind Änderungen von Vergleichsmaßstäben für Spezial-AIF nach § 284 des Kapitalanlagegesetzbuches.
§ 10 DerivateV
§ 10 Potenzieller Risikobetrag für das Marktrisiko
(1) Der potenzielle Risikobetrag für das Marktrisiko ist mit Hilfe eines geeigneten eigenen Risikomodells im Sinne des § 1 Absatz 13 des Kreditwesengesetzes zu ermitteln.
(2) 1Ein Risikomodell ist dann als geeignet anzusehen, wenn
1.
es dem Risikoprofil und der Anlagestrategie des Investmentvermögens sowie der Komplexität der eingesetzten Derivate angemessen Rechnung trägt,
2.
bei der Ermittlung der risikobeschreibenden Kennzahlen die quantitativen Größen nach § 11 zugrunde gelegt, mindestens die Risikofaktoren nach § 12 erfasst und die qualitativen Anforderungen nach § 13 eingehalten werden und
3.
es eine befriedigende Prognosegüte aufweist.
2In begründeten Einzelfällen kann die Bundesanstalt ein Risikomodell auf Antrag auch bei Abweichungen von Absatz 2 als geeignet bestätigen.
(3) 1Der Prüfungsbericht gemäß den §§ 102, 121 Absatz 3 und § 136 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuches hat Angaben darüber zu enthalten, ob die Anforderungen nach Absatz 2 eingehalten sind. 2Das Recht der Bundesanstalt, die Einhaltung der Anforderungen nach Absatz 2 zu überprüfen oder eine Eignungsprüfung zu wiederholen, bleibt unberührt. 3Sind die Anforderungen nicht eingehalten, kann die Bundesanstalt geeignete Maßnahmen veranlassen.
§ 11 DerivateV
§ 11 Quantitative Vorgaben
1Bei der Ermittlung des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko ist
1.
anzunehmen, dass die zum Geschäftsschluss im Investmentvermögen befindlichen Finanzinstrumente oder Finanzinstrumentsgruppen weitere 20 Arbeitstage im Investmentvermögen gehalten werden,
2.
ein einseitiges Prognoseintervall mit einem Wahrscheinlichkeitsniveau in Höhe von 99 Prozent zugrunde zu legen und
3.
ein effektiver historischer Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr zugrunde zu legen.
2Abweichend von Satz 1 Nummer 1 ist die Annahme einer Haltedauer von weniger als 20 Arbeitstagen zulässig. 3Eine Abweichung von Satz 1 Nummer 2 ist bis zu einem Wahrscheinlichkeitsniveau von 95 Prozent zulässig. 4Bei einer Abweichung von Satz 1 Nummer 1 und 2 ist der Prozentsatz in § 7 Absatz 2 entsprechend anzupassen. 5Eine Abweichung von Satz 1 Nummer 3 ist nur aufgrund außergewöhnlicher Marktbedingungen und nach vorheriger Zustimmung der Bundesanstalt im Sinne des § 10 Absatz 2 Satz 2 zulässig.
§ 12 DerivateV
§ 12 Zu erfassende Risikofaktoren
(1) 1Bei der Ermittlung des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko sind alle nicht nur unerheblichen Marktrisikofaktoren in einer dem Umfang und der Struktur des Investmentvermögens angemessenen Weise zu berücksichtigen. 2Dabei sind sowohl das allgemeine als auch das besondere Marktrisiko zu berücksichtigen.
(2) Die den einbezogenen Optionsgeschäften eigentümlichen Risiken, die nicht in linearem Zusammenhang mit den Kurs-, Preis- oder Zinssatzschwankungen stehen, sind in angemessener Weise zu berücksichtigen.
(3) 1Bei der Ermittlung des potenziellen Risikobetrags ist Folgendes gesondert in angemessener Weise zu berücksichtigen:
1.
besondere Zinsänderungsrisiken für die nicht gleichförmige Entwicklung kurzfristiger und langfristiger Zinssätze (Zinsstrukturrisiken) und
2.
die nicht gleichförmige Entwicklung der Zinssätze verschiedener, auf die gleiche Währung lautender zinsbezogener Finanzinstrumente mit vergleichbarer Restlaufzeit (Spreadrisiken).
2Bei der Ermittlung der Zinsstrukturrisiken sind eine dem Umfang des Investmentvermögens angemessene Anzahl und eine der Struktur des Investmentvermögens angemessene Verteilung von zeitmäßig bestimmten Zinsrisikozonen zu berücksichtigen. 3Die Anzahl der Zinsrisikozonen muss mindestens sechs betragen, sofern im jeweiligen Markt verfügbar.
(4) Bei der Ermittlung der Aktienkursrisiken sind Unterschiede in der Entwicklung der Kurse oder Preise von Produktgruppen und Produkten sowie Unterschiede in der Entwicklung von Kassa- und Terminpreisen in angemessener Weise zu berücksichtigen.
§ 13 DerivateV
§ 13 Qualitative Anforderungen; Risikocontrolling
(1) Die Arbeits- und Ablauforganisation der Kapitalverwaltungsgesellschaft ist so zu gestalten, dass eine zeitnahe Ermittlung des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko, insbesondere durch eine vollständige Erfassung aller Positionen des Investmentvermögens, gewährleistet ist; diese ist ausführlich zu dokumentieren.
(2) Die Risikocontrollingfunktion nach § 29 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuches ist zuständig und verantwortlich für
1.
die Erstellung, Überprüfung, Pflege und Weiterentwicklung der Risikomodelle,
2.
die Überwachung des Prozesses zur Bestimmung und Zusammensetzung des Vergleichsvermögens nach § 9,
3.
die Sicherstellung der Eignung des Risikomodells für das jeweilige Investmentvermögen,
4.
die laufende Validierung des Risikomodells,
5.
die Validierung und Implementierung eines dokumentierten und durch die Geschäftsleiter genehmigten Systems von Obergrenzen (Limite) von potenziellen Risikobeträgen für jedes Investmentvermögen in Übereinstimmung mit dessen Risikoprofil,
6.
die tägliche Ermittlung, Analyse und Kommentierung der potenziellen Risikobeträge und die Überwachung der Obergrenzen nach Nummer 5,
7.
die regelmäßige Überwachung des Leverage des Investmentvermögens sowie
8.
die regelmäßige Berichterstattung an die Geschäftsleiter bezüglich der aktuellen potenziellen Risikobeträge, der Prognosegüte nach § 14 und der Ergebnisse der Stresstests nach den §§ 28 bis 32.
(3) 1Die mathematisch-statistischen Verfahren zur Ermittlung des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko müssen eine hohe Präzision aufweisen. 2Sie müssen mit den für die aktuelle Risikosteuerung angewendeten Verfahren übereinstimmen; zulässig sind nur Abweichungen von den in den §§ 11 und 12 Absatz 3 Satz 2 vorgeschriebenen quantitativen Vorgaben.
(4) 1Die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss über geeignete Verfahren zur Validierung des Risikomodells verfügen. 2Die Angemessenheit muss in folgenden Fällen validiert und überprüft werden:
1.
bei der Entwicklung des Risikomodells,
2.
in regelmäßigen zeitlichen Abständen (laufende Validierung) und
3.
bei jeder wesentlichen Änderung, die dazu führen könnte, dass das Risikomodell nicht mehr angemessen ist.
3Personen, die direkt in den Entwicklungsprozess des Risikomodells eingebunden sind, dürfen nicht in die Validierung bei der Entwicklung und bei wesentlichen Änderungen einbezogen sein. 4Die laufende Validierung ist durch die Risikocontrollingfunktion entsprechend Absatz 2 Nummer 4 durchzuführen. 5Validierung und Überprüfung der Angemessenheit sind angemessen zu dokumentieren und das Risikomodell ist bei Bedarf anzupassen.
(5) Die für die Zeitreihenanalysen verwendeten empirischen Daten der Entwicklung von Preisen, Kursen und Zinssätzen sowie deren Zusammenhänge sind regelmäßig, mindestens aber dreimonatlich zu aktualisieren; bei Bedarf sind sie unverzüglich zu aktualisieren.
(6) 1Das Risikomodell einschließlich der zugehörigen Prozesse und der mathematisch-statistischen Verfahren ist zu dokumentieren. 2Die Dokumentation beinhaltet zumindest die durch das Risikomodell erfassten Risiken, die mathematisch-statistischen Verfahren, Annahmen und Grundlagen, die Daten, die Angemessenheit der Risikobewertung, die Verfahren zur Validierung des Risikomodells, die Verfahren zur Ermittlung der Prognosegüte nach § 14, die Verfahren bezüglich der Stresstests nach den §§ 28 bis 34, den Gültigkeitsrahmen des Risikomodells sowie die operationelle Implementierung.
(7) Die Einhaltung der Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 6 sowie des § 14 ist regelmäßig, mindestens aber einmal jährlich, von der Internen Revision zu überprüfen.
§ 14 DerivateV
§ 14 Prognosegüte
1Die Prognosegüte eines Risikomodells ist mittels eines täglichen Vergleichs des anhand des Risikomodells auf der Basis einer Haltedauer von einem Arbeitstag ermittelten potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko mit der Wertveränderung der in die modellmäßige Berechnung einbezogenen einzelnen Finanzinstrumente oder Finanzinstrumentsgruppen nachweislich zu ermitteln (Backtesting). 2Bei der Ermittlung der Prognosegüte sind die Finanzinstrumente oder Finanzinstrumentsgruppen, die sich zum Geschäftsschluss des Vortages im Investmentvermögen befunden haben, mit den jeweiligen Marktpreisen zum Geschäftsschluss neu zu bewerten. 3Die negative Differenz zum Bewertungsergebnis des Vortages ist festzustellen. 4Übersteigt der Absolutbetrag der nach Satz 2 ermittelten Wertveränderung den modellmäßig ermittelten potenziellen Risikobetrag für das Marktrisiko, so sind die Geschäftsleiter mindestens vierteljährlich und die Bundesanstalt vierteljährlich hierüber sowie über die Größe der Differenz, den Grund ihres Entstehens und gegebenenfalls eingeleitete Maßnahmen zur Verbesserung der Prognosegüte zu unterrichten. 5Die Anzeige hat auch die zugrunde gelegten Parameter nach § 11 Satz 1 Nummer 2 und 3 in Verbindung mit § 11 Satz 3 und 4 zu umfassen. 6Übersteigt die Zahl der Ausnahmen ein nicht angemessenes Niveau, kann die Bundesanstalt geeignete Maßnahmen veranlassen.