§ 305 VAG
§ 305 Befragung, Auskunftspflicht
(1) Die Aufsichtsbehörde ist befugt,
1.
von den Versicherungsunternehmen, den Mitgliedern ihrer Organe, ihren Beschäftigten sowie den die Unternehmen kontrollierenden Personen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten sowie Vorlage oder Übersendung aller Geschäftsunterlagen, im Einzelfall insbesondere der allgemeinen Versicherungsbedingungen, der Tarife, der Formblätter und sonstigen Druckstücke, die das Versicherungsunternehmen im Verkehr mit den Versicherungsnehmern oder den abgebenden Versicherungsunternehmen (Vorversicherern) verwendet, sowie der Unternehmensverträge und der Verträge über Ausgliederungen zu verlangen und
2.
von einem in die Gruppenaufsicht nach Teil 5 einbezogenen Versicherungsunternehmen und den in Nummer 1 genannten Personen Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen über die Geschäftsangelegenheiten zu verlangen, die der Gruppenaufsicht dienlich sind; übermittelt das Versicherungsunternehmen diese Informationen trotz Aufforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist, so kann die Aufsichtsbehörde auch von allen anderen der Gruppe angehörigen Unternehmen die Auskünfte sowie Übersendung oder Vorlage der Unterlagen verlangen.
(2) Die Aufsichtsbehörde hat die Rechte nach Absatz 1 Nummer 1 auch gegenüber
1.
Personen und Unternehmen, die als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler an ein Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge vermitteln oder vermittelt haben, soweit es für die Beurteilung des Geschäftsbetriebs und der Vermögenslage des Versicherungsunternehmens oder der Erfüllung der Pflichten nach den §§ 53 bis 56 oder den Vorschriften des Geldwäschegesetzes durch ein Versicherungsunternehmen im Sinne des § 52 bedeutsam ist;
2.
Personen und Unternehmen, auf die ein Versicherungsunternehmen Funktionen oder Tätigkeiten ausgegliedert hat sowie seinen Abschlussprüfern und unabhängigen Treuhändern im Sinne dieses Gesetzes oder des Versicherungsvertragsgesetzes; die Auskunftspflicht der Abschlussprüfer beschränkt sich auf Tatsachen, die ihnen im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt geworden sind;
3.
Personen und Unternehmen, die eine Beteiligungsabsicht nach § 17 Absatz 1 Nummer 1 angezeigt haben oder die im Rahmen eines Erlaubnisantrags nach § 9 als Inhaber bedeutender Beteiligungen angegeben werden;
4.
den Inhabern einer bedeutenden Beteiligung an einem Versicherungsunternehmen und den von ihnen kontrollierten Unternehmen;
5.
Personen und Unternehmen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass es sich um Personen oder Unternehmen im Sinne der Nummer 4 handelt, und
6.
Personen und Unternehmen, die mit einer Person oder einem Unternehmen im Sinne der Nummern 3 bis 5 nach § 15 des Aktiengesetzes verbunden sind.
(3) 1Ein Unternehmen, bei dem feststeht oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass es unerlaubte Versicherungsgeschäfte nach § 308 Absatz 1 Satz 1 betreibt oder dass es in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung unerlaubter Versicherungsgeschäfte einbezogen ist oder war, sowie die Mitglieder der Organe und die Gesellschafter und Beschäftigten eines solchen Unternehmens haben der Aufsichtsbehörde auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. 2Mitglieder eines Organs, Gesellschafter sowie Beschäftigte haben auf Verlangen auch nach Ausscheiden aus dem Organ oder dem Unternehmen Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. 3Die Bundesanstalt kann den in Satz 1 genannten Unternehmen und Personen Weisungen zur Sicherung von Kundengeldern, Daten und Vermögenswerten erteilen.
(4) Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden, soweit
1.
feststeht oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Unternehmen oder Personen in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung von Versicherungsgeschäften einbezogen sind, die in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat oder in einem Drittstaat entgegen einem entsprechenden Verbot in diesem Staat erbracht werden, und
2.
die zuständige Behörde des anderen Staats ein entsprechendes Ersuchen an die Aufsichtsbehörde stellt.
(5) Wer nach den Absätzen 1 bis 3 zur Erteilung einer Auskunft verpflichtet ist, kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
(6) 1Die Aufsichtsbehörde darf einzelne Daten aus der Datei nach § 24c Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes abrufen, soweit dies zur Erfüllung ihrer aufsichtlichen Aufgaben nach diesem Gesetz, insbesondere im Hinblick auf unerlaubt betriebene Versicherungsgeschäfte, erforderlich ist und besondere Eilbedürftigkeit im Einzelfall vorliegt. 2§ 24c Absatz 4 des Kreditwesengesetzes ist entsprechend anzuwenden.
(7) 1Soweit es zur Erteilung von Auskünften und zur Vorlage von Unterlagen erforderlich ist, dürfen die gemäß den Absätzen 1 bis 3 auskunfts- und vorlagepflichtigen Personen und Unternehmen Gesundheitsdaten im Sinne des Artikels 4 Nummer 15 der Verordnung (EU) 2016/679 verarbeiten. 2Die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt. 3§ 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.
Fußnote
(+++ § 305 Abs. 1, 2 Nr. 1 u. 2, Abs. 3 bis 5: Zur Anwendung vgl. § 62 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 +++)
§ 306 VAG
§ 306 Betreten und Durchsuchen von Räumen; Beschlagnahme
(1) 1Die Aufsichtsbehörde ist befugt,
1.
auch ohne besonderen Anlass in den Geschäftsräumen der Versicherungsunternehmen Prüfungen des Geschäftsbetriebs vorzunehmen; dabei darf sie im Rahmen der Gruppenaufsicht nach Teil 5 Prüfungen der Informationen nach § 305 Absatz 1 Nummer 2 und § 284 auch bei dem Versicherungsunternehmen, das der Gruppenaufsicht unterliegt, bei verbundenen Unternehmen dieses Versicherungsunternehmens, bei Mutterunternehmen dieses Versicherungsunternehmens und bei verbundenen Unternehmen eines Mutterunternehmens dieses Versicherungsunternehmens vornehmen;
2.
Prüfungen auch so vorzunehmen, dass sie an einer von dem Versicherungsunternehmen nach § 341k des Handelsgesetzbuchs veranlassten Prüfung teilnimmt und selbst die Feststellungen trifft, die sie für nötig hält; dies gilt nicht für Versicherungsunternehmen, die als kleinere Vereine anerkannt sind;
3.
an von ihr durchgeführten Prüfungen nach den Nummern 1 und 2 Personen zu beteiligen, die nach § 341k in Verbindung mit § 319 des Handelsgesetzbuchs zu Abschlussprüfern bestimmt werden können, oder diese Personen mit der Durchführung von Prüfungen nach den Nummern 1 und 2 zu beauftragen; für diese Personen gilt die Bestimmung des § 323 des Handelsgesetzbuchs für Abschlussprüfer sinngemäß;
4.
zu Sitzungen des Aufsichtsrats und Tagungen der Hauptversammlung oder der obersten Vertretung Vertreter zu entsenden, denen auf Verlangen das Wort zu erteilen ist und
5.
die Einberufung der in Nummer 4 bezeichneten Sitzungen und Tagungen sowie die Ankündigung von Gegenständen zur Beschlussfassung zu verlangen.
2Im Hinblick auf eine Angleichung der bewährten Aufsichtspraktiken haben die Mitarbeiter der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48) das Recht, sich an Prüfungen der in der Richtlinie 2009/138/EG genannten Aufsichtskollegien in den Geschäftsräumen der Versicherungsunternehmen zu beteiligen, die gemeinsam von der Aufsichtsbehörde und mindestens einer zuständigen Behörde eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaats durchgeführt werden.
(2) 1Die Aufsichtsbehörde hat die Rechte nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 auch gegenüber
1.
Personen und Unternehmen, die als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler an ein Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge vermitteln oder vermittelt haben,
2.
Personen und Unternehmen, auf die ein Versicherungsunternehmen Funktionen oder Tätigkeiten ausgegliedert hat,
3.
Personen und Unternehmen, die eine Beteiligungsabsicht nach § 17 Absatz 1 Nummer 1 angezeigt haben oder die im Rahmen eines Erlaubnisantrags nach § 9 als Inhaber bedeutender Beteiligungen angegeben werden,
4.
den Inhabern einer bedeutenden Beteiligung an einem Versicherungsunternehmen und den von ihnen kontrollierten Unternehmen,
5.
Personen und Unternehmen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass es sich um Personen oder Unternehmen im Sinne der Nummer 4 handelt, und
6.
Personen und Unternehmen, die mit einer Person oder einem Unternehmen im Sinne der Nummern 3 bis 5 nach § 15 des Aktiengesetzes verbunden sind.
2Für die Fälle des Satzes 1 Nummer 1 gilt dies nur insoweit, als es für die Beurteilung des Geschäftsbetriebs und der Vermögenslage des Versicherungsunternehmens oder der Erfüllung der Pflichten nach den §§ 53 bis 56 oder den Vorschriften des Geldwäschegesetzes durch ein Versicherungsunternehmen im Sinne des § 52 bedeutsam ist. 3Gegenüber den in Satz 1 Nummer 3 bis 6 genannten Personen und Unternehmen kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 und 5 ergreifen, wenn Anhaltspunkte für einen Untersagungsgrund nach § 18 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 und Absatz 2 vorliegen.
(3) 1Beabsichtigt die Aufsichtsbehörde in Wahrnehmung der Finanzaufsicht in den Geschäftsräumen einer Niederlassung nach § 58, einer Niederlassung eines Rückversicherungsunternehmens oder in den Geschäftsräumen eines Dienstleisters, auf den ein Versicherungsunternehmen Tätigkeiten ausgegliedert hat, durch eigenes Personal oder durch Beauftragte Prüfungen vorzunehmen, so unterrichtet sie hiervon die Aufsichtsbehörde des anderen Mitglied- oder Vertragsstaats. 2Wird der Aufsichtsbehörde untersagt, ihr Recht auf Durchführung dieser Prüfungen vor Ort wahrzunehmen oder ist es ihr tatsächlich nicht möglich, an der Prüfung teilzunehmen, kann sie gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung mit der Angelegenheit befassen und um Unterstützung bitten. 3Die Aufsichtsbehörde kann die Prüfung eines Dienstleisters an die Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaats delegieren, in dem der Dienstleister ansässig ist.
(4) Soweit es zur Feststellung der Art oder des Umfangs der Geschäfte oder Tätigkeiten erforderlich ist, darf die Aufsichtsbehörde Prüfungen in den Räumen der gemäß § 305 Absatz 3 und 4 auskunfts- und vorlagepflichtigen Personen und Unternehmen vornehmen.
(5) 1Die Bediensteten der Aufsichtsbehörde und die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 beteiligten oder beauftragten Personen dürfen für Prüfungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 und des Absatzes 4 die Geschäftsräume des geprüften Unternehmens innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigen, im Fall des Absatzes 4 auch durchsuchen. 2Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dürfen sie diese Räume auch außerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigen; unter dieser Voraussetzung dürfen sie auch Räume betreten und besichtigen, die zugleich als Wohnung dienen.
(6) 1Durchsuchungen
1.
von Geschäftsräumen, außer bei Gefahr im Verzug, und
2.
von Räumen, die zugleich als Wohnung dienen,
sind durch den Richter anzuordnen. 2Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Räume befinden. 3Gegen die richterliche Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. 4Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. 5Sie muss die verantwortliche Dienststelle, den Grund, die Zeit und den Ort der Durchsuchung und ihr Ergebnis sowie, falls keine richterliche Anordnung ergangen ist, auch die Tatsachen enthalten, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben.
(7) Die Bediensteten der Aufsichtsbehörde können Gegenstände beschlagnahmen, die als Beweismittel für die Ermittlung des Sachverhalts von Bedeutung sein können.
(8) 1Die Betroffenen haben Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3, Satz 2 sowie nach den Absätzen 2, 4, 5 und 7 zu dulden. 2Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
Fußnote
§ 310 VAG
§ 310 Nebenbestimmungen; Ausschluss der aufschiebenden Wirkung
(1) Verwaltungsakte nach diesem Gesetz oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung können mit Nebenbestimmungen versehen werden.
Fußnote
(+++ § 310: Zur Anwendung vgl. § 62 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 +++)