§ 303 VAG
§ 303 Abberufung von Personen mit Schlüsselaufgaben, Verwarnung
(1) 1Die Aufsichtsbehörde kann eine Person, die ein Versicherungsunternehmen tatsächlich leitet oder für andere Schlüsselaufgaben in einem Versicherungsunternehmen verantwortlich ist, verwarnen, wenn das Versicherungsunternehmen oder die Person als Geschäftsleiter gegen Bestimmungen dieses Gesetzes, des Versicherungsvertragsgesetzes, des Geldwäschegesetzes, der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, gegen Artikel 4 Absatz 1 bis 5 oder Artikel 15 der Verordnung (EU) 2015/2365, gegen Artikel 16 Absatz 1 bis 4, Artikel 23 Absatz 3 Satz 1, Absatz 5, 6 oder 10, Artikel 28 Absatz 2 oder Artikel 29 der Verordnung (EU) 2016/1011, gegen die Artikel 6, 7, 9, 18 bis 26 oder 27 Absatz 1 oder 4 der Verordnung (EU) 2017/2402, gegen die zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, die zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, des Artikels 4 Absatz 1 bis 5 der Verordnungen (EU) 2015/2365, (EU) 2016/1011, (EU) 2017/2402 oder der Richtlinie 2009/138/EG erlassenen Rechtsakte oder gegen Anordnungen der Aufsichtsbehörde verstößt. 2Gegenstand der Verwarnung ist die Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts und des hierdurch begründeten Verstoßes.
(2) Die Aufsichtsbehörde kann die Abberufung einer Person, die ein Versicherungsunternehmen tatsächlich leitet oder für andere Schlüsselaufgaben in einem Versicherungsunternehmen verantwortlich ist, verlangen und dieser Person die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagen, wenn
1.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Person die Voraussetzungen des § 24 nicht erfüllt,
2.
die Person als Geschäftsleiter gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes, mit Ausnahme der Vorschriften des Teils 2 Kapitel 1 Abschnitt 6, des Versicherungsvertragsgesetzes, der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, gegen Artikel 4 Absatz 1 bis 5 oder Artikel 15 der Verordnung (EU) 2015/2365, gegen Artikel 16 Absatz 1 bis 4, Artikel 23 Absatz 3 Satz 1, Absatz 5, 6 oder 10, Artikel 28 Absatz 2 oder Artikel 29 der Verordnung (EU) 2016/1011, gegen die Artikel 6, 7, 9, 18 bis 26 oder 27 Absatz 1 oder 4 der Verordnung (EU) 2017/2402, gegen die zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, die zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, des Artikels 4 Absatz 1 bis 5 der Verordnungen (EU) 2015/2365, (EU) 2016/1011, (EU) 2017/2402 oder der Richtlinie 2009/138/EG erlassenen Rechtsakte oder gegen Anordnungen der Aufsichtsbehörde verstoßen hat und sie trotz Verwarnung durch die Aufsichtsbehörde dieses Verhalten vorsätzlich oder leichtfertig fortsetzt,
3.
der Person als Aufsichtsratsmitglied wesentliche Verstöße des Unternehmens gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung wegen sorgfaltswidriger Ausübung ihrer Überwachungs- und Kontrollfunktion verborgen geblieben sind oder sie nicht alles Erforderliche zur Beseitigung festgestellter Verstöße veranlasst hat und sie dieses Verhalten trotz Verwarnung durch die Aufsichtsbehörde fortsetzt oder
4.
die Person vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Bestimmungen des Teils 2 Kapitel 1 Abschnitt 6 dieses Gesetzes, gegen das Geldwäschegesetz oder gegen die zur Durchführung dieser Vorschriften erlassenen Verordnungen oder vollziehbaren Anordnungen verstoßen hat, sofern die Verstöße schwerwiegend, wiederholt oder systematisch sind.
(3) Wenn das Gericht auf Antrag des Aufsichtsrats ein Aufsichtsratsmitglied abzuberufen hat, kann dieser Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Nummer 1 oder 2 auch von der Aufsichtsbehörde gestellt werden, wenn der Aufsichtsrat dem Abberufungsverlangen der Aufsichtsbehörde nicht nachgekommen ist.
(4) 1Die Aufsichtsbehörde kann die Abberufung der verantwortlichen Geschäftsleiter auch verlangen und diesen Geschäftsleitern die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagen, wenn sie zuvor auf Grund eines Verstoßes des Versicherungsunternehmens verwarnt wurden und das Versicherungsunternehmen erneut nachhaltig gegen die in Absatz 1 Satz 1 genannten Rechtsakte oder Anordnungen verstoßen hat.
Fußnote
(+++ § 303: Zur Anwendung vgl. § 62 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 +++)
§ 305 Absatz 1 VAG
(1) Die Aufsichtsbehörde ist befugt,
1.
von den Versicherungsunternehmen, den Mitgliedern ihrer Organe, ihren Beschäftigten sowie den die Unternehmen kontrollierenden Personen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten sowie Vorlage oder Übersendung aller Geschäftsunterlagen, im Einzelfall insbesondere der allgemeinen Versicherungsbedingungen, der Tarife, der Formblätter und sonstigen Druckstücke, die das Versicherungsunternehmen im Verkehr mit den Versicherungsnehmern oder den abgebenden Versicherungsunternehmen (Vorversicherern) verwendet, sowie der Unternehmensverträge und der Verträge über Ausgliederungen zu verlangen und
2.
von einem in die Gruppenaufsicht nach Teil 5 einbezogenen Versicherungsunternehmen und den in Nummer 1 genannten Personen Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen über die Geschäftsangelegenheiten zu verlangen, die der Gruppenaufsicht dienlich sind; übermittelt das Versicherungsunternehmen diese Informationen trotz Aufforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist, so kann die Aufsichtsbehörde auch von allen anderen der Gruppe angehörigen Unternehmen die Auskünfte sowie Übersendung oder Vorlage der Unterlagen verlangen.
§ 305 Absatz 2 Nummer 1 VAG
1.
Personen und Unternehmen, die als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler an ein Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge vermitteln oder vermittelt haben, soweit es für die Beurteilung des Geschäftsbetriebs und der Vermögenslage des Versicherungsunternehmens oder der Erfüllung der Pflichten nach den §§ 53 bis 56 oder den Vorschriften des Geldwäschegesetzes durch ein Versicherungsunternehmen im Sinne des § 52 bedeutsam ist;
§ 305 Absatz 2 Nummer 2 VAG
2.
Personen und Unternehmen, auf die ein Versicherungsunternehmen Funktionen oder Tätigkeiten ausgegliedert hat sowie seinen Abschlussprüfern und unabhängigen Treuhändern im Sinne dieses Gesetzes oder des Versicherungsvertragsgesetzes; die Auskunftspflicht der Abschlussprüfer beschränkt sich auf Tatsachen, die ihnen im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt geworden sind;
§ 305 Absatz 3 VAG
(3) 1Ein Unternehmen, bei dem feststeht oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass es unerlaubte Versicherungsgeschäfte nach § 308 Absatz 1 Satz 1 betreibt oder dass es in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung unerlaubter Versicherungsgeschäfte einbezogen ist oder war, sowie die Mitglieder der Organe und die Gesellschafter und Beschäftigten eines solchen Unternehmens haben der Aufsichtsbehörde auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. 2Mitglieder eines Organs, Gesellschafter sowie Beschäftigte haben auf Verlangen auch nach Ausscheiden aus dem Organ oder dem Unternehmen Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. 3Die Bundesanstalt kann den in Satz 1 genannten Unternehmen und Personen Weisungen zur Sicherung von Kundengeldern, Daten und Vermögenswerten erteilen.
§ 305 Absatz 4 VAG
(4) Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden, soweit
1.
feststeht oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Unternehmen oder Personen in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung von Versicherungsgeschäften einbezogen sind, die in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat oder in einem Drittstaat entgegen einem entsprechenden Verbot in diesem Staat erbracht werden, und
2.
die zuständige Behörde des anderen Staats ein entsprechendes Ersuchen an die Aufsichtsbehörde stellt.
§ 305 Absatz 5 VAG
(5) Wer nach den Absätzen 1 bis 3 zur Erteilung einer Auskunft verpflichtet ist, kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
§ 306 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 VAG
1.
auch ohne besonderen Anlass in den Geschäftsräumen der Versicherungsunternehmen Prüfungen des Geschäftsbetriebs vorzunehmen; dabei darf sie im Rahmen der Gruppenaufsicht nach Teil 5 Prüfungen der Informationen nach § 305 Absatz 1 Nummer 2 und § 284 auch bei dem Versicherungsunternehmen, das der Gruppenaufsicht unterliegt, bei verbundenen Unternehmen dieses Versicherungsunternehmens, bei Mutterunternehmen dieses Versicherungsunternehmens und bei verbundenen Unternehmen eines Mutterunternehmens dieses Versicherungsunternehmens vornehmen;
§ 306 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 VAG
2.
Prüfungen auch so vorzunehmen, dass sie an einer von dem Versicherungsunternehmen nach § 341k des Handelsgesetzbuchs veranlassten Prüfung teilnimmt und selbst die Feststellungen trifft, die sie für nötig hält; dies gilt nicht für Versicherungsunternehmen, die als kleinere Vereine anerkannt sind;
§ 306 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 VAG
3.
an von ihr durchgeführten Prüfungen nach den Nummern 1 und 2 Personen zu beteiligen, die nach § 341k in Verbindung mit § 319 des Handelsgesetzbuchs zu Abschlussprüfern bestimmt werden können, oder diese Personen mit der Durchführung von Prüfungen nach den Nummern 1 und 2 zu beauftragen; für diese Personen gilt die Bestimmung des § 323 des Handelsgesetzbuchs für Abschlussprüfer sinngemäß;
§ 306 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 VAG
1.
Personen und Unternehmen, die als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler an ein Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge vermitteln oder vermittelt haben,
§ 306 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 VAG
2.
Personen und Unternehmen, auf die ein Versicherungsunternehmen Funktionen oder Tätigkeiten ausgegliedert hat,
§ 306 Absatz 4 VAG
(4) Soweit es zur Feststellung der Art oder des Umfangs der Geschäfte oder Tätigkeiten erforderlich ist, darf die Aufsichtsbehörde Prüfungen in den Räumen der gemäß § 305 Absatz 3 und 4 auskunfts- und vorlagepflichtigen Personen und Unternehmen vornehmen.
§ 306 Absatz 5 VAG
(5) 1Die Bediensteten der Aufsichtsbehörde und die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 beteiligten oder beauftragten Personen dürfen für Prüfungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 und des Absatzes 4 die Geschäftsräume des geprüften Unternehmens innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigen, im Fall des Absatzes 4 auch durchsuchen. 2Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dürfen sie diese Räume auch außerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigen; unter dieser Voraussetzung dürfen sie auch Räume betreten und besichtigen, die zugleich als Wohnung dienen.
§ 306 Absatz 6 VAG
(6) 1Durchsuchungen
1.
von Geschäftsräumen, außer bei Gefahr im Verzug, und
2.
von Räumen, die zugleich als Wohnung dienen,
sind durch den Richter anzuordnen. 2Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Räume befinden. 3Gegen die richterliche Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. 4Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. 5Sie muss die verantwortliche Dienststelle, den Grund, die Zeit und den Ort der Durchsuchung und ihr Ergebnis sowie, falls keine richterliche Anordnung ergangen ist, auch die Tatsachen enthalten, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben.
§ 306 Absatz 7 VAG
(7) Die Bediensteten der Aufsichtsbehörde können Gegenstände beschlagnahmen, die als Beweismittel für die Ermittlung des Sachverhalts von Bedeutung sein können.
§ 306 Absatz 8 VAG
(8) 1Die Betroffenen haben Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3, Satz 2 sowie nach den Absätzen 2, 4, 5 und 7 zu dulden. 2Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
Fußnote